14. Juni 2011

Spieli in Heidelberg

Heidelberg galt lange Zeit als geburtenärmste Stadt Deutschlands. Doch wie ich gestern feststellen musste, hat sich das Blatt gewendet. Denn die Elite bekommt nun doch Kinder. 20. Semester Medizin fast fertig, grüner Ministerpräsident, da kann man auch mal ein Kind zeugen. "Haja, jetzatle könnet mir's uns scho leischde."

Wo man eigentlich nur ein Bier im Biergarten trinken möchte, macht sich eine riesige Strandbar breit. Mit Spielplatz, versteht sich. Die Spielgeräte aus Holz. Bestimmt Bio-Anbau aus St. Peter-Ording, heimische Hölzer müssen schon sein, wegen dem Regenwald und dem Footprint und so. Das Ganze heißt auch nicht  Spielplatz, sondern wird von ambitionierten Müttern wohlwollend und total insidermäßig "Spieli" genannt.
Eigentlich ist die ganze Bar ein riesiger Buddelkasten und die Erwachsenen dazwischen werden mehr oder weniger geduldet. Überall enthusiastische Väter, die mit einer Horde (in Worten: drei) Kleinkindern um sich rum ordentlich was zu tun haben. Eigentlich wollen die Jungs nur in Ruhe spielen, aber der schlacksige junge Mann mischt sich immer wieder ein und unterbricht jedes Spiel mit dem erhobenen Zeigefinger.  Spielanweisungen und Ballwerf-Reihenfolgen-Festlegung inklusive. Beste Ermahnung: "Justus-Jonas-Wilhelm, Du schlägst keine anderen Kinder! Wenn Du hier jemanden schlagen musst, dann nur mich!" Schließlich wollen sie nur das Beste für den Nachwuchs. Elite wird ja bekanntlich vererbt und liegt auf dem Reiche-Eltern-Gen.

Ach ja, zwischen Bionade, Almdudler und Schöfferhofer Apfeltee-Grapefruit fand sich sogar ein halbwegs trinkbares Bier. Nach einem war allerdings Schluss. Ich wollte dem schreienden Kind hinter mir nicht länger seinen Liegestuhl wegnehmen.